Biographie

1876August Sander wird am 17. November in Herdorf als Sohn des Grubenzimmerhauers August Sander sen. (1846–1906), später Berginvalide, und Justine Sander, geb. Jung (1845–1919), geboren. Er wächst im Kreis von sieben Geschwistern auf und besucht die örtliche Volksschule.
1890 – 1896Arbeit als Haldenjunge auf dem Gelände einer Herdorfer Eisenerzgrube. Dort macht er die Bekanntschaft mit einem Siegener Berufsphotographen, der sein Interesse für die Photographie auslöst. Mit finanzieller Unterstützung seines Onkels kauft er seine erste eigene Photoausrüstung.
1897 – 1909Militärzeit und Ausbildung bei dem Trierer Photographen Georg Jung. Wanderjahre u. a. nach Berlin, Magdeburg, Halle, Dresden und Leipzig, dort Mitarbeit in verschiedenen photographischen Ateliers. Auch für Malerei interessiert er sich. Tätigkeit für die Photographische Kunstanstalt Greif in Linz an der Donau (Österreich), die er 1902 mit einem Teilhaber, später selbstständig übernimmt. Er wird Mitglied des Oberösterreichischen Kunstverereins (ca. 1904–1909). In seinem Atelier für bildmäßige Photographie bietet Sander „photographische Arbeiten jeder Art“ an. Sanders Photographien werden vielfach ausgestellt und ausgezeichnet. In die Linzer Zeit fällt die Heirat mit Anna Seitenmacher (1902) sowie die Geburt der Söhne Erich (1903) und Gunther (1907).
1910 – 1920Umzug nach Köln. Geburt der Zwillinge Sigrid und Helmut (1911), nur Tochter Sigrid überlebt. Aufbau des Atelierbetriebs in Köln-Lindenthal, Dürener Straße 201. Beginn der photographischen Tätigkeit im Westerwald, bei der Arbeiten entstehen, die er später in sein Werk Menschen des 20. Jahrhunderts einbeziehen wird. Mit Beginn des Ersten Weltkriegs wird Sander einberufen; er kehrt erst bei Kriegsende 1918 zurück. Während dieser Zeit führt Anna Sander den Betrieb weiter.
Ab 1920Intensiver Austausch mit der Gruppe Kölner Progressive, vor allem mit Franz Wilhelm Seiwert und Heinrich Hoerle. Idee und Konzept für sein großes Portraitwerk Menschen des 20. Jahrhunderts reifen. Erste Vorstellung des Projekts im Kölnischen Kunstverein (November 1927), im Frühjahr gleichen Jahres Reise nach Sardinien mit dem Schriftsteller Ludwig Mathar. Als Vorschau auf Menschen des 20. Jahrhunders erscheint der Bildband Antlitz der Zeit (1929). Sander hält eine sechsteilige Vortragsreihe zum Thema „Wesen und Werden der Photographie“ im Westdeutschen Rundfunk (1931). Sanders Sohn Erich, Student der Geisteswissenschaften und Mitglied der ab 1933 verbotenen SAPD (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands), wird denunziert und zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt (1934). Über Antlitz der Zeit verfügen die Nationalsozialisten einen Auslieferungsstopp, und die Druckstöcke werden vernichtet. Die Verlage L. Schwann, Düsseldorf, und L. Holzwarth, Bad Rothenfelde, veröffentlichen sechs Hefte, in denen jeweils eine Region Deutschlands vorgestellt wird (1933–1935). Die darin enthaltenen Aufnahmen von August Sander, teilweise auch von Erich Sander für den Familienbetrieb photographiert, führen durch verschiedene Bildthemen mit den Schwerpunkten Landschaft und Architektur. Ebenso fertigt Sander botanische Studien und Detailstudien, beispielsweise von Händen. Zahlreiche Aufträge in den Bereichen Industrie und Werbung werden von Sander bearbeitet. Aufgrund der Kriegsereignisse ist das Ehepaar Sander gezwungen, Köln zu verlassen. Schrittweise vollzieht sich ab 1942 der Umzug in das Westerwalddorf Kuchhausen. Das Kölner Atelier wird durch Bombenangriffe zerstört. Sander kann den wichtigsten Teil des Archivs an seinen neuen Wohnort retten (1942/1943).
1944 – 1946Sanders Sohn Erich stirbt an einem nicht behandelten akuten Blinddarmdurchbruch im Siegburger Zuchthaus (1944). 25.000 bis 30.000 Negative, die noch im Keller der Kölner Wohnung deponiert waren, werden durch einen Brand vernichtet (Januar 1946). Trotz eingeschränkter Arbeitsverhältnisse widmet er sich weiterhin zahlreichen seiner photographischen Projekte. August Sander hält an seinen Kontakten aus dem Kölner Umfeld fest.
1951 – 1962Auf Anregung des Publizisten und Förderers der Photographie, L. Fritz Gruber, Ausstellung mit Arbeiten von August Sander auf der zweiten photokina in Köln (1951) und Besuch von Edward Steichen, dem damaligen Direktor der photographischen Abteilung des Museum of Modern Art, New York (1952). Verkauf des Mappenwerkes Köln wie es war an die Stadt Köln (1953). Teilnahme an der von Steichen kuratierten Wanderausstellung The Family of Man (1955). Ehrenbürger seiner Heimatgemeinde Herdorf (1958). Sonderausgabe der Schweizer Monatsschrift du (1959). Bundesverdienstkreuz erster Klasse und Kulturpreis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (1960/61). Das Buch Deutschenspiegel mit einer Einleitung von Heinrich Lützeler erscheint 1962.
1957Anna Sander stirbt am 27. Mai in Kuchhausen.
1964August Sander stirbt am 20. April in Köln.