Maria Kiszler (Donauschwäbin), Cikó, Ungarn

Martin Rosswog: aus der Bildreihe "Maria Kiszler (Donauschwäbin), Cikó, Ungarn", April 2003 © Martin Rosswog, VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Martin Rosswog: Maria Kiszler (Donauschwäbin), Cikó, Ungarn, April 2003
Copyright: Martin Rosswog, VG Bild-Kunst, Bonn 2020

Es sind die beiden weißen Herde – der ältere mit Holz befeuert, der moderne bezieht die Energie aus einer Gasflasche – die in der Photographie von Martin Rosswog wie Protagonist und Antagonist in einem Theaterstück einander gegenüberstehen. Ihr Bühnenraum ist jedoch eine Küche und zu den weiteren Akteuren zählen etwa ein grüner Schrank, ein Tisch mit kariertem Tischtuch, ein roter Kochtopf und zwei weiße Eimer. Lauscht man dem, was all diese doch eher beiläufigen Utensilien des täglichen Gebrauchs zu erzählen haben, kann man vieles aus dem Lebensalltag der Donauschwäbin Maria Kiszler aus Cikó in Ungarn erfahren, in deren Küche die Photographie 2003 entstanden ist. Es scheint, als bevorzuge sie das Kochen und Heizen mit dem alten Herd, worauf die offene Ofenklappe und die auf dem Boden stehende Holzschütte sowie der rote Topf deuten. Die zwei weißen Eimer auf einem niedrigen zweitürigen Schrank lassen nach dem Wasseranschluss im Raum fragen. Der Küchenschrank mit vielen Schubladen und Türen ist bestimmt mit allerlei Geschirr, vielleicht auch mit Gewürzen und Vorräten gefüllt; mit Dingen, die sich im Laufe eines Lebens angesammelt haben, deren Vorhandensein an unterschiedliche Lebensphasen mit je eigenen Anforderungen und Bedürfnissen erinnert. Die Dekoration im Raum ist spärlich, eher treten das helle Blau der Wände, das karierte Wachstischtuch und der gemusterte Fußbodenbelag als Einrichtungsmomente hervor. Die floral gemusterten Abdeckplatten an der Wand bilden einen schönen Kontrast zu den Pastelltönen im Raum.

Die Aufnahme ist Teil einer umfangreichen Dokumentation des Hauses von Maria Kiszler, die neben unterschiedlichen Ansichten der Küche auch das Wohnzimmer zeigt, ein Portrait der Bewohnerin und Außenansichten von Haus und Grundstück.
Das Dorf Cikó im Süden von Ungarn gelegen, ist historisch gesehen eine donauschwäbische Ansiedlung. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die angestammte Bevölkerung vertrieben, Maria Kiszler gehört zu den wenigen, die dort verblieben sind. Heute leben in dem Ort viele Angehörige der Volksgruppe der Szekler, die einst in Rumänien beheimatet waren sowie sogenannte Oberländer aus der Slowakei. Hat sich auch die Zusammensetzung der Bevölkerung verändert, die Bauweise und Gestaltung der Häuser verweist in die Geschichte zurück.