Lucinda Devlin – Frames of Reference

10. März 2023 - 16. Juli 2023

Lucinda Devlin: Operating Room #8, Forrest General Hospital, Hattiesburg, Mississippi, 1998, aus der Serie Corporal Arenas © Lucinda Devlin, Courtesy Galerie m, Bochum

Eine Ausstellung der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Zusammenarbeit mit der Künstlerin

Die Serie „The Omega Suites“, sachliche Photographien von Exekutionsräumen in US-Justizvollzugsanstalten, machte die amerikanische Künstlerin Lucinda Devlin in den 1990ern berühmt. 2001 sorgten die Bilder auf der Biennale Venedig für Furore. Bereits 1992 hatte eines der Motive durch die umstrittene Kampagne eines italienischen Modelabels für Aufmerksamkeit gesorgt. „The Omega Suites“ ist eine der neun Werkreihen, die in Frames of Reference zuzüglich eines Videos gezeigt wird – die erste umfassende Werkschau der Künstlerin in Europa.

Überwiegend findet Lucinda Devlin, die zu den Vertreter/innen der New-Color-Photography-Bewegung zählt, ihre Motive in Innenräumen, die bestimmten Funktionen dienen. Hauptsächlich ist sie in den USA unterwegs, aber auch in Deutschland und anderen Ländern. Seit Mitte der 2000er-Jahre sind landschaftliche Themen hinzugekommen.

Personen sucht man in ihren Bildern vergebens und doch berichten die Ansichten über menschliche Befindlichkeiten, Werte und existenzielle Rahmenbedingungen: Mit der Serie „Pleasure Ground“ (1977–1990) bietet Lucinda Devlin etwa Einblicke in Hotels mit fantasievollen Themenzimmern, in Diskotheken oder Beautysalons. Einrichtungen, die Entspannung und Vergnügen bedeuten. Demgegenüber stehen solche aus der Reihe „Corporal Arenas“ (1982–1998), die eine eher beunruhigende Wirkung haben. Operationssäle für Mensch und Tier, Therapieräume ebenso wie Leichenschauhäuser werden in aller Sachlichkeit wiedergegeben. Ansichten, die den Betrachter/die Betrachterin mit der eigenen Gefühls- und Erfahrungswelt konfrontieren.

Diese Themen führten die Photographin zur Serie „The Omega Suites“ (1991–1998). Als ein Statement für oder gegen die Todesstrafe wollte Devlin ihre Photographien aus den Hochsicherheitsgefängnissen aber nicht verstanden wissen. Vielmehr ist es der Künstlerin wichtig, dass die Betrachtung der spezifischen Räume zu einer persönlichen Auseinandersetzung mit dem Thema führt.

Lucinda Devlin: Massageraum #1, Hufeland Therme, Bad Pyrmont, 2002, aus der Serie Water Rites © Lucinda Devlin, Courtesy Galerie m, Bochum

Bestärkt durch ein DAAD-Stipendium hat Lucinda Devlin die Serie „Water Rites“ (1999–2002) in deutschen Kurbädern aufgenommen und damit den „Corporal Arenas“ eine neue Wendung hinzugefügt. „Water Rites“ gibt Einblick in teils lang tradierte Einrichtungen, die sowohl dem Wohlbefinden als auch der Heilung und Rekonvaleszenz dienen. Die Serie „Subterranea“ (seit 1980), deren Bilder ein künstliches Licht und so eine besondere Farbigkeit hervorbringen, stellt hingegen begeh- und nutzbar gemachte Höhlen und Stollen vor. In ihnen vermischen sich die Intentionen ihrer Nutzung. Dass Lucinda Devlin nicht allein den Menschen als Kreatur im Blick hat, zeigt sich in der Serie „Habitats“ (seit 1985), in der sie zoologische Gehege und Aquarien betrachtet, die den natürlichen Lebensräumen von Tieren nachempfunden sind.

Mit „Field Culture“ (vornehmlich seit 2007) wendet sich die Künstlerin der vom Menschen geprägten Umwelt zu, der industriellen Landwirtschaft in den USA, deren Nahrungsproduktion durch Gentechnik und erforderliche Energiegewinnung geprägt ist.

Nachdrücklich inspirierend wirkt auf Lucinda Devlin die Weite des Lake Huron, dem sie zwischen 2010 und 2019 die Serie „Lake Pictures“ widmet und damit die Schönheit und Größe der Natur aufzeigt. Ähnlich beeindruckende Ansichten von Salzseen und Salzfeldern in Utah stellt sie in der Serie „Salt“ (seit 2014) vor.

Mit ihren dokumentarisch und seriell angelegten Projekten steht Lucinda Devlin dem in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur verfolgten Abbildungsstil äußerst nahe. Bereits in den 1980er-Jahren setzte sie sich als Universitätsprofessorin und Kuratorin mit den Portraits von August Sander auseinander, dessen unmittelbar sachliche Methode sie faszinierte. Eine Entsprechung finden ihre Photos etwa auch in der strengen, typologisch vergleichenden Darstellungsweise von Bernd und Hilla Becher. Auch davon ausgehend kann ein überzeugender Bezug zu den zentralen hauseigenen Beständen der Sammlung hergestellt werden.

Die Ausstellung wurde durch großzügige Leihgaben der Künstlerin, der Galerie m, Bochum, der DZ Bank, Frankfurt/M. und von privaten Leihgebern ermöglicht.

Ausstellungskatalog