Margherita Spiluttini – Archiv der Räume

11. September 2015 - 24. Januar 2016

Margherita Spiluttini: Helvetia Paria, St. Gallen, CH, Architekten Herzog & de Meuron, 1996; ©  Architekturzentrum Wien, Sammlung, Courtesy die Künstlerin und Christine König Galerie, 2016

Das vom Menschen Geschaffene und Gebaute, die Photographie als Medium der künstlerischen Produktion und Präsentation und das Archiv als Sammlungs- und Ideenhort sind miteinander korrespondierende Bereiche, die in Margherita Spiluttinis aktueller Werkschau „Archiv der Räume“ miteinander in Beziehung treten.

Seit Anfang der 1980er-Jahre ist sie als freischaffende Photographin insbesondere in ihrem Heimatland Österreich, ebenso in der Schweiz, Italien und Deutschland tätig. In langjähriger Zusammenarbeit mit Architekten, Theoretikern und Künstlern hat sie ein enormes Bildarchiv geschaffen. Via Kamera erforscht Margherita Spiluttini Bauwerke wie im Alltag angetroffene Konstruktionen. Sie blickt aus vielen Richtungen auf ganz unterschiedlich geartete Innen- und Außenräume, auf Profan- und Repräsentationsbauten, auf Fertiges und Unfertiges, auf vernachlässigte oder zerstörte Bausubstanz, auf Straßen, Brachen und Brücken, auf Stadt- und Naturlandschaften. Es zeigt sich ihr umfassendes Interesse am gestalteten Raum, die von ihr dokumentierte bauliche Form sieht sie stets in Korrespondenz mit deren Umgebung. Nicht isolierend ist ihr Blick, sondern sie sucht mit dem Photoapparat die Architektur im Spannungsfeld von Ideal- und Gebrauchszustand nachzuvollziehen, so wie sie in der unmittelbaren Begegnung erfahrbar wird.

Damit einhergehend bestimmt Margherita Spiluttini Ordnungskriterien, die für die in mehreren Schaffensphasen erarbeiteten Photographien und Werkkonvolute zur Vermittlung und Archivierung notwendig sind. Das Chronologische oder Wissenschaftlich-Historische spielt dabei eine untergeordnete Rolle, befragt werden vielmehr unterschiedliche Rezeptionsvorgänge und ihre Rahmenbedingungen, die medialen Leistungen der Bilder, die Wirkung ihrer Inhalte, formale Aspekte wie die Relation von Licht, Farbe, Material und fokussiertem Objekt, das Zusammenspiel von Freiflächen und Gestaltetem, anders gewendet von Realität, Komposition, Bezeichnung und Bedeutung.

Die Ausstellung überführt diesen vielschichtigen Ansatz in eine individuelle, auf Assoziationen und Dialoge angelegte, installative Präsentationsform, die auch auf die vorgefundene bauliche Struktur des Ausstellungsraums reagiert. Architektur als Ausdrucksform, als Spiegel ihrer eigenen Zeit wird auf diese Art und Weise noch einmal reflektiert. Ausgewählte großformatige Farbaufnahmen ganz unterschiedlicher Objekte und landschaftlicher Ausblicke verweisen im korrespondierenden Miteinander auf strukturelle Kongruenzen.

Den Bauten und Flächen der Stadt Wien, wo Margherita Spiluttini schon seit vielen Jahren lebt, hat sie vor allem in den Anfangsjahren ihrer  photographischen Arbeit Bildserien in Schwarz-Weiß gewidmet. Baulücken, periphere Brachen und ehemalige industrielle Gelände thematisieren den sich stets im Wandel befindlichen urbanen Raum; sie markieren Zwischenstadien, die von der Vergangenheit erzählen und auf die Zukunft verweisen und dabei zu einem ganz eigenen Status gelangen – ein Aspekt, der für die Photographin von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Wie wesentlich das Thema des Archivs für Margherita Spiluttini ist, zeigt sich unter anderem daran, dass ihr komplettes Bildarchiv in Dia- und  Monitorpräsentationen in der Ausstellung zu sehen sein wird.

Zur Ausstellung erscheint das Buch Margherita Spiluttini. Archiv der Räume, Hrsg. Landesgalerie Linz Oberösterreichisches Landesmuseum und Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Salzburg: Fotohof edition, 2015 (© www.gabrielelenz.at)