Boris Becker – Hochbunker
Photographien von Architekturen und Artefakten
06. September 2019 - 09. Februar 2020
Erstmals wird die von Boris Becker (* 1961) zwischen 1984 und 1990 erarbeitete Reihe der „Hochbunker“ in einer Werkschau ausführlich vorgestellt. Der Künstler hat sein Archiv der Bunker-Aufnahmen ausführlich gesichtet und aus gegenwärtiger Perspektive reflektiert.
Entstanden sind die Photographien in über 45 deutschen Städten. Überwiegend hat sich Becker auf Hochbunker aus dem Zweiten Weltkrieg konzentriert, die ab 1940 erbaut wurden und dem Zivilschutz vorbehalten waren. Dabei traf er im Zuge seiner photographischen Recherchen nicht nur auf eine erstaunlich hohe Anzahl solcher Bauwerke, sondern auch auf eine Menge bemerkenswerter Bauweisen.
Speziell die Luftschutzbunker waren darauf angelegt, ihre Funktion zu verschleiern. Man bediente sich architektonischer Tarnungen und gab den Gebäuden etwa das Aussehen eines Wohnhauses, einer Kirche oder einer Festung. Für Boris Becker stellte sich an dieser Stelle die Frage, wie sehr visuelle Wahrnehmung vom subjektiven Standpunkt und äußeren Einflüssen geleitet wird. Wie kongruent ist das Erscheinungsbild eines Objektes mit seiner „Natur“ und wie kann dieser geheimnisvollen Interferenz zwischen Wirklichkeit(sbild) und Rezeptionsmöglichkeit begegnet werden? Diese kursierend reflexive Betrachtungsweise ist für Becker ein zentraler künstlerischer Parameter, dem er anhand unterschiedlicher Motivkreise in seinem Werk nachgegangen ist. Die Ausstellung kommt dem nach und bezieht beispielsweise jüngere farbige Großformate ein, die sich dem Sujet formal und assoziativ anschließen, das Interesse des Künstlers an Geschichtsthemen und manifesten Bauformen unterstreichen.
Die Aufnahmen der Hochbunker führen einerseits in das düstere Kapitel des Zweiten Weltkriegs; andererseits in die Zeit der 1980er-Jahre, denn der Photograph bezieht in seine Bilder auch die neuen Nutzungen der Bunker-Bauten in der Nachkriegszeit ein. So betrachtet er die Bauten in ihrem zumeist städtischen Umfeld, er interessiert sich für angrenzende Häuser, Straßenzüge, parkende Autos oder angebrachte Plakatierungen. Mittels Schwarz-Weiß- und Farbphotographie lotet er die unterschiedlichen Bauformen und -ensembles aus, bildet Oberflächenstrukturen und Details ab.
Von besonderer Relevanz für Boris Beckers Arbeit an seiner Serie der Hochbunker ist das Schaffen von Bernd und Hilla Becher. 1984 hat Becker sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf in der Klasse von Bernd Becher aufgenommen. Erste Aufnahmen von Bunkern waren zu dieser Zeit bereits entstanden. Der junge Photograph suchte nach Systematisierungskriterien und der Möglichkeit, eine entsprechend umfangreichere substanzielle Werkgruppe zu erarbeiten. Im Werk der Bechers, das sich der systematischen visuellen Erschließung von Industrie- und Funktionsbauten widmete, erkannte der Jüngere eine stringent umgesetzte künstlerische und photographische Methode, die ihm als instruktiv anregendes Modell gelten sollte: Sie zeichnet sich durch eine möglichst neutrale, detailgenaue und authentische Darstellung der Motive aus ebenso wie durch die Gestaltung von künstlerisch und historisch bedeutenden Bildreihen mit archivarischem Charakter.
Die dreisprachige Publikation (dt./engl./frz.) ist als Archivbuch konzipiert und stellt den Werkkorpus der Hochbunker in über 890 Photographien vor, die Becker sowohl mit Mittel- als auch Großformatkamera aufgenommen hat. Erschienen im Snoeck Verlag, mit Texten von Roland Augustin, Gabriele Conrath-Scholl und einem Langgedicht von Marcel Beyer; 68,00 €.
Die Stiftung Saarländischer Kulturbesitz, Saarlandmuseum – Moderne Galerie, ist Kooperationspartner und zweite Station der Ausstellung.
Das Projekt entstand mit freundlicher Unterstützung der Sparkassen-Kulturstiftung Rheinland.